Korrekte Typographie bei großem Eszett (ẞ)

Heute gibt es von mir mal einen vermutlich eher untypischen Artikel, denn es geht um Typographie. Aber keine Angst, ein wenig Code wird natürlich auch wieder dabei sein. Ganz ohne geht es dann doch wohl nicht 🙂

Durch einen missglückten Shortcut habe ich diese Woche ganz aus Versehen ein großes ß getippt, also ein ẞ, auch bekannt als „scharfes s“ oder „Doppel-S“. Der Shortcut unter Windows hierzu ist:

Alt Gr + Shift + ß

Schon in den zwanziger Jahren gab es erste Überlegungen für ein großes Eszett. Aber erst Anfang 2008 wurde es in den Unicode Standard aufgenommen und ist seitdem theoretisch nutzbar. Seit wann man es wie beschrieben tippen kann, weiß ich aber nicht. Vielleicht werden sich manche nun fragen, wieso man das wissen muss und wofür man überhaupt ein großes Eszett tippen muss. Das möchte ich euch in diesem Artikel kurz beschreiben.

Großes Eszett in Eigennamen

Gerade in Eigennamen ist eine korrekte Verwendung von Eszett oder doppeltem S wichtig. Bei Namen „Weiß“ gibt es beispielsweise die Schreibweisen „Weiß“, „Weiss“ sowie „Weisz“ (die Ersetzung von „sz“ war früher geläufig). Wer also die Schreibweise „Weiß“ als Nachname hat, der wird bestimmt nicht glücklich darüber sein, wenn er stattdessen bei der Verwendung von Großbuchstaben mit „WEISS“ geschrieben wird. Denn wenn jemand dann wieder eine korrekte Groß- und Kleinschreibung verwenden möchte, wird er wohl kaum „Weiß“ daraus machen, bzw. er wird sich die Frage stellen, wie man es denn nun richtig schreibt.

CSS-Regel arbeitet nicht „korrekt“

In CSS gibt es eine Definition, was bei der Konvertierung in Großbuchstaben mit einem kleinen ß passieren soll. Hier ist die „korrekte“ Umsetzung laut Standard, dass zwei große s verwendet werden sollen. Um hier aber ein großes Eszett zu erhalten, muss schon im Originaltext ein großes Eszett geschrieben werden. Hier mal eine Übersicht dazu:

Wort text-transform: uppercase text-transform: lowercase
Weiß Weiß (doppeltes S) Weiß
Weiẞ (großes ß) Weiẞ (großes ß) Weiẞ
Weiss Weiss Weiss
WEIß WEIß (doppeltes S) WEIß
WEIẞ (großes ß) WEIẞ (großes ß) WEIẞ
WEISS WEISS WEISS

Wie ihr also sehen könnt, wird ein kleines ß immer zu einem doppelten s und ein großes ß bleibt wie gehabt. Beim Konvertieren in Kleinbuchstaben werden alle Zeichen korrekt klein geschrieben. Nicht wirklich überraschend bleiben doppelte s unverändert.

Verhalten in PHP

Nachdem ich euch gezeigt habe, was in CSS passiert, möchte ich euch noch zeigen, wie es in PHP aussieht. Auch hier gibt es ja Funktionen, die Zeichen in Großbuchstaben konvertieren. Diese gibt es auch noch in einer „multibyte“ Variante. Hier die Tabelle dazu:

Wort strtoupper strtolower mb_strtoupper mb_strtolower
Weiß WEIß weiß WEIß weiß
Weiẞ (großes ß) WEIẞ (großes ß) weiẞ (großes ß) WEIẞ (großes ß) weiß
WEIß WEIß weiß WEIß weiß
WEIẞ (großes ß) WEIẞ (großes ß) weiẞ (großes ß) WEIẞ (großes ß) weiß

Wie man hier erkennen kann, konvertieren beide Funktionen ein kleines ß nicht korrekt. Nur ein großes ß bleibt erhalten. Interessant ist hier aber, dass auch die Konvertierung von Groß- zu Kleinbuchstaben bei der normalen Funktion nicht korrekt ist. Nur die multibyte Variante konvertiert hier alle Buchstaben korrekt in Kleinbuchstaben.

Korrektur in Beitragstext

Möchte man also seine Texte mit korrekter Typographie bei Großbuchstaben haben, dann sollte man sich diese Konvertierungen merken. Was ist aber, wenn man Wörter im Text in Großbuchstaben getippt hat (vielleicht, weil man nicht wusste, wie man sie in großschreibt) und diese nun mit großem ß schreiben möchte? Ein Tweet von Frank Bültge hat mich da auf eine Idee gebracht:

Click here to display content from Twitter.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Twitter.

Also habe ich mich natürlich nicht lange bitten lassen und daraus einfach mal eine kleine Funktion gebastelt:

function capital_ß_dangit( $text ) {
	return preg_replace( '/(\p{Lu})ß(\p{Lu})?/', '$1ẞ$2', $text );
}

Und wie ihr das natürlich von mir gewohnt seid, habe ich daraus auch gleich ein kleines Plugin gebastelt und in einem GIST veröffentlicht, das ihr euch einfach als ZIP-Datei runterladen und in euer WordPress installieren könnt.

Fazit

Wie ihr sehen könnt, ist korrekte Typographie manchmal recht schwierig, wenn eine Sprache „Sonderzeichen“ enthält, die Browser oder Programmiersprachen nicht so umwandeln, wie man es erwarten würde.

Leider habe ich bisher keine Idee, wie man das Problem in CSS lösen könnte, ohne „falsche Wörter“ zu verwenden, direkt alles groß zu schreiben, oder eine komplexe JavaScript-Funktion zu schreiben. Falls hierzu jemand eine Idee hat, würde ich mich sehr über einen Kommentar freuen.

Zuletzt noch eine generelle Frage zum großen ß: Würdet ihr Wörter mit einem großen Zeichen schreiben? Oder würdet ihr auch eher ein doppeltes s verwenden bzw. solche Wörter nicht großschreiben?

Veröffentlicht von

Bernhard ist fest angestellter Webentwickler, entwickelt in seiner Freizeit Plugins, schreibt in seinem Blog über WordPress und andere Themen, treibt sich gerne bei den WP Meetups in Berlin und Potsdam herum und läuft nach Feierabend den ein oder anderen Halbmarathon.

20 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Ich muss gestehen, dass mir die Existenz eines großen ß nicht mal bekannt war. Ich habe die Fallback-Regeln für Umlaute und Esszett beim Ausfüllen von Überweisungsträgern aus Papier gelernt – und bisher nie infrage gestellt. Man lernt nie aus … 🙂

    • Bei Umlauten ist ein Großbuchstabe ja noch recht geläufig. Ist es dir eigentlich schon passiert, dass dich jemand mit „Herr Huebinger“ angeschrieben hat? Ich denke gerade bei Namen mit „oe“ kommt es häufiger vor, dass daraus dann ein „ö“ wird, auch wenn der Name wirklich mit „oe“ geschrieben wird.

  2. Die Großschreibung der Ligatur ß ist ein schwieriges Thema. 🙂
    Einerseits soll die korrekte Schreibweise von Eigennamen auch in Versalien korrekt wiedergegeben werden, andererseits handelt es sich bei dem Buchstaben ursprünglich um eine Zusammensetzung von zwei Kleinbuchstaben (heute nicht mehr gebräuchliches, langes s und kurzes s). Daraus einen Großbuchstaben abzuleiten, erscheint mir unlogisch.
    Laut Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fes_%C3%9F) wurde der Buchstabe zwar 2008 in den Unicode übernommen, ist aber immer noch nicht Bestandteil der amtlichen deutschen Rechtschreibung. Unicode gibt auch selber vor, dass „der Standard-Algorithmus zur Umwandlung in Großbuchstaben … weiterhin das kleine „ß“ in „SS“ “ umwandelt.

    Abgesehen davon aber wieder ein schönes Beispiel, wie Filter in WordPress mit ganz wenig Code Anpassungen ermöglichen.

  3. Hallo Bernhard,
    nach meiner Erfahrung sind sich die Browser bei „text-transform: uppercase“ nicht einig: die meisten machen ein SS daraus, der Windows Explorer 11 zeigt aber das ulkige Groß-ß.
    Wir haben uns gegen die „korrekte“ Typographie entschieden, weil es für die Leser ungewohnt aussieht und in vielen Schriftarten auch gar nicht enthalten ist – dann greift der Browser zurück auf die Ersatzschriftart und das sieht dann nochmal verkehrter aus. Die Ersetzung ß->ss machen wir via PHP vor der Ausgabe.

    • Ja, die Browser sind sich wirklich nicht einig. Vermutlich existiert die Ersetzung mit „ss“ auch aus dem Grund, dass viele Schriftarten kein großes ß haben. Aber dann könnte ja hier ein Fallback passieren. Der Browser sollte das ja feststellen können. Mir persönlich gefällt das große ß auch noch nicht wirklich, aber ich denke das ist einfach nur eine Frage der Zeit, bis man sich an so etwas gewöhnt hat.

        • Vielen Dank für den Feedback Ronald! Ich hatte ja gehofft, dass jemand mit echter Erfahrung solche Tipps gibt.

          Ich kann den Fehler nur nicht reproduzieren. Eventuell liegt es wirklich auch an deiner Windows Version (ist das etwa noch XP?), denn bei mir unter Windows 10 mit dem Firefox 50.0 sehe ich das korrekte Zeichen.

          Aber in deinem Artikel rätst du ja auch nicht komplett davon ab. Ich denke, es ist immer eine Entscheidung, die man mit Bedacht treffen muss und dann auch technisch sauber umsetzen. Mir ging es in dem Artikel ja eher um die technischen Probleme, die mit einem kleinen ß auftreten können.

          • Gern geschehen! „Aber in deinem Artikel rätst du ja auch nicht komplett davon ab“: im Prinzip schon! Besonders dann, wenn keine das große Eszett unterstützende Schrift mit dem Zeichensatz verfügbar ist!

            „Ich denke, es ist immer eine Entscheidung, die man mit Bedacht treffen muss und dann auch technisch sauber umsetzen“: allerdings!

            Ansonsten: Habe tatsächlich (auch) noch XP (nicht weitersagen! 😉 ) und bin damit übrigens keineswegs allein. Näheres gleich in einer Antwort auf deinen Kommentar bei mir.

  4. Ich würde kein großes ß verwenden, da es dem eigentlichen Wesen dieses Buchstaben widerspricht. Das ß ist historisch gesehen eine Ligatur aus einem kleinen s das (in der damaligen Schrift ähnlich einem f aussah) und einem kleinen z. Wie man dieser Form entnehmen kann war es also niemals zur Großeschreibung gedacht, wodurch auch auch die Umschrift in SZ bzw. SS entstand. (Obwohl ich nicht alt bin, habe ich in der Volksschule anm. Grundschule diese Version noch gelernt). Deinem Einwand bei Namen gebe ich völlig recht. Um dem Fall gerecht zu werden, müsste man eigentlich eine neue Type entwickeln, die eine Ligatur aus einem S und einem Z wäre. Dann wäre auch die korrekte Aussprache – ein ß sollte ja auch anders gesprochen werden – durchgängig notiert. Solange das nicht geschieht bin ich für die Beibehaltung des kleinen ß und die automatische Umschreibung in SZ oder SS.

  5. Da das ß nicht am Wortanfang vorkommt, braucht es auch kein großes ß. Man sollte nach Möglichkeit die normale, gemischte Schreibweise verwenden. Schreibweisen in Versalien oder Kapitälchen finde ich gruselig. Aber die Realität sieht leider anders aus.
    Das ß ist historisch gesehen eine Ligatur aus s und z. Deshalb finde ich die Auflösung in s und z sinnvoll; nicht in zwei s. Da Leute mit einem ß im Namen das meist als unbefriedigend empfinden, musste natürlich eine Lösung her. Ich persönlich finde diese Variante einer Times halbwegs akzeptabel: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4f/Gro%C3%9Fes_eszett_%28versal%29_times_new_roman.png

    P.S.: Du schreibst, dass »korrekte Typographie manchmal recht schwierig« sei und sprichst von “Sonderzeichen”. In korrekter Typo hätte man „“ verwendet Regel: 99 66. Optional die französischen Zeichen »«.

    • Ich finde persönlich auch, dass Wörter nicht komplett in Großbuchstaben geschrieben werden sollten. Aber es gibt eben Leute, die das gerne tun. Da kann man sich dann natürlich streiten, welche Form „richtiger“ ist 🙂

      P.S. Die falschen Anführungszeichen stehen hier zugegebenermaßen nur aus Faulheit. Es ist leider selbst auf einer deutschen Tastatur unter Windows nicht einfach, die korrekten zu tippen. Eigentlich sollte WordPress diese automatisch korrigieren, aber das scheint im Moment nicht korrekt zu funktionieren 🙁

    • „Da das ß nicht am Wortanfang vorkommt, braucht es auch kein großes ß.“
      „Schreibweisen in Versalien oder Kapitälchen finde ich gruselig.“
      Das ist aber eine sehr beschränkte Sichtweise für jemanden, der sich selbst „Dr. Typo“ nennt. Versalsatz wird seit langer Zeit verwendet und ist keineswegs typografisch „falsch“. Deshalb ist auch die Existenz eines großen „ß“ gerechtfertigt.

      Als selbsternannter Typografiekenner wollen Sie doch nicht ernsthaft darauf bestehen, im Versalsatz einzelne Kleinbuchstaben zu verwenden? Zudem entspricht Ihr verlinktes Beispiel eher einer Z-S-Ligatur als einem großen „ß“.

      Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter http://typografie.info/download/versaleszett.pdf.

  6. Auch wenn das Zeichen inzwischen in den Unicode-Zeichensatz aufgenommen wurde, heißt das noch lange nicht, dass die Verwendung eines großen Eszett richtig ist! Nicht nur der Duden spricht sich eindeutig und klar gegen eine solche Verwendung aus, meinem Geschmacksempfinden nach sieht ein ß inmitten von Großbuchstaben einfach besch… aus, worauf ich schon früher am Beispiel von Fußballertrikots in meinem Blog hingewiesen habe:

    http://blog.ronaldfilkas.de/2010/05/13/das-grosse-eszett/

    Dafür also noch eigene CSS- oder PHP-Regeln erstellen zu wollen wie hier, ist des Aufwands nicht wert. Und apropos Typografie: Es gibt auch typografische Anführungszeichen! Wie wäre es denn mit deren korrekter Umsetzung hier?

      • Als ich meinen Kommentar verfasste, gab es hier gerade einmal zwei vorige. Auch den von Christoph Freyer weiter oben, dem ich im Übrigen nur zustimmen kann, gab es noch nicht oder war noch nicht freigegeben. Richtig ist allerdings, dass es „leider selbst auf einer deutschen Tastatur unter Windows nicht einfach [ist], die korrekten [Anführungszeichen] zu tippen“. Mit Linux Ubuntu, in dem ich mich gerade befinde, ist das allerdings überhaupt kein Problem. Aber dieses Thema führt jetzt vom eigentlichen des Beitrags weg.

        • Die Kommentare waren wirklich noch nicht freigeschaltet. Ich hatte heute recht viel zu tun und kam nicht direkt dazu. Bezüglich der Anführungsstriche versuche ich mal herauszufinden, weshalb die Korrektur durch WordPress nicht funktioniert. Aktuell kann ich die Zeichen nur entweder per HTML-Entity tippen oder über die Sonderzeichen-Auswahl im visuellen Editor in WordPress. Ansonsten kann man sie auf einer Windows Tastatur nur mit Alt + Zahlencode tippen, aber da mein Laptop keinen Num-Block hat, geht auch das nicht 🙁

  7. Die Anführungszeichen per Entity ist wohl bis zu einer funktionierenden Routine wohl die beste Lösung. Ich mache das auch so, da derzeit nur so wirklich der jeweiligen Sprache entsprechende typografisch korrekte Anführungszeichen eingefügt werden.

    • Ja, gestern ging es durch viele Kanäle. Hatte selbst einen Tweet dazu verfasst. Schade eigentlich, dass ich nicht erst jetzt den Artikel geschrieben habe. Hätte mich interessiert, ob dann andere Kommentare gekommen wären 🙂

      • Glaube kaum, dass dann hier andere Kommentare gekommen wären: Auf Seiten mit einer Kommentarfunktion, auf denen diese Neuigkeit verbreitet wurde, fallen die Meinungen dazu genauso kontrovers aus wie hier! Und ich schätze, dass das auch noch eine Weile so bleiben wird.

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